Saisonprognose Teil 3: HC Davos und HC Fribourg-Gottéron

22.08.2025
Aktualisiert am 22.08.2025

Text von Ueli Schwarz, Header-Fotos: Logan Romanens / Simon Bohnenblust    
-

Um es gleich vorwegzunehmen, ich kann und will mich nicht auf einen genauen Rang festlegen. Die Schlussplatzierung hängt von so vielen, über fünf Monate hinweg verteilten und unvorhersehbaren Konstellationen ab, dass eine genaue Prognose eher in die Sparte "reines Glücksspiel" gehören würde… und da bin ich schlecht.

Mindestens acht Clubs mit entsprechenden Budgets erwarten sich selber in den Top 6. Die restlichen sechs Clubs und diejenigen die es nicht in die Top 6 schaffen, wollen alle die Top 10 avisieren und Letzter oder Vorletzter will schon gar niemand werden.

Zudem gab es noch praktisch in jeder Saison positive und negative Überraschungen. Es kann und wird nicht überall eitel Sonnenschein herrschen! Genau das macht ja die National League so spannend, aber eben auch schwierig zu prognostizieren.

Jedes Kader hat aber ein bestimmtes Potential, die Organisationen stehen in unterschiedlichen Entwicklungsphasen und die angepackten Veränderungen auf Grund der letztjährigen Saisonanalyse lassen aber eine Prognose für den realistischen Fall, den besten, aber auch für den schlechtesten Fall zu.

Ausgangslage

Die beiden Clubs sind fast identisch einzustufen. Beide haben klar Top-6-Potenzial. Sie erreichten das beide letzte Saison, was aufgrund der Möglichkeiten und des Kaders realistisch war und es auch heuer sein sollte. Aber gerade das letztjährige Beispiel Fribourgs zeigte, dass nur wenig schief laufen muss und man schon ganz hart um die direkte Playoff-Teilnahme zittern muss. Starke Konkurrenten wie Servette oder Lugano sind wohl zumindest darauf aus, ihre letzte schwache Saison vergessen zu machen und eben auch einen «Platz an der Sonne» zu belegen. Nicht zu vergessen, dass es fast jedes Jahr mindestens ein Überraschungsteam gab. Die Konkurrenz um die Top 6 wird wohl heuer grösser, und darum sind weder Fribourg noch Davos einfach so für die Top 6 gesetzt.

Ich schätze die Möglichkeiten der beiden Clubs folgendermassen ein:

Listenvergleich HC Davos und HC Fribourg-Gottéron

HC Davos – Analyse & Prognose

Einstufung & Herausforderungen

Der HCD war zuletzt ein Stammgast in den Top 6, und das wird sich nur im schlechtesten Fall ändern. Das Team war letztes Jahr trotz des totalen Ausfalls von Nordström und fragwürdigen Leistungen von Lemieux getragen vom bekannten Stransky und den überragenden neuen Ausländern Rifors, Tambellini und Zadina. Mit Ausnahme von Julius Honka bleiben alle in Davos und haben sogar vorzeitig verlängert. Ergänzt wurden sie zudem noch mit dem Schweden Asplund aus der NHL-Organisation des Stanley-Cup-Siegers Florida.

Bei den Schweizern gibt es mit Ausnahme der Rücktritte von Ambühl und Wieser sowie dem Zuzug von Lukas Frick viel Kontinuität. Im Coaching-Staff bleibt Cheftrainer Josh Holden, der sich aber im Bereich der Assistenten mit Östman und Stanley frisches Gedankengut ins Team holt. Das alles sind klare Indikatoren dafür, dass der Top-6-Stammgast eben Stammgast bleibt.

Realistischer Fall: Rang 4 bis 6

Das kann dann eintreten, wenn:

  • das Team sein Potenzial abrufen kann
  • Aeschlimann und Hollenstein ihre normalen Leistungen bringen
  • die Verteidigung um Dahlbeck – bestehend aus den Nationalspielern Jung, Fora, neu Frick und dem wiedererstarkten Lizenzschweizer Andersson – nicht nur auf dem Papier, sondern auch auf dem Eis zu den besten der Liga gehört
  • Corvi und Kessler die ganze Saison gesund bleiben und Nussbaumer seine letzte, nur durchschnittliche Saison vergessen macht
  • Zadina, Tambellini und Stransky je gegen 20 Tore erzielen und Asplund/Rifors/Nordström (falls er zurückkommt) für die nötige Balance zwischen Offensive und Defensive sorgen

Bester Fall: Rang 3

Das kann dann eintreten, wenn:

  • 3–4 Teams der Konkurrenten Bern, Zürich, Zug, Lausanne, Servette, Fribourg und Lugano trotz bester Voraussetzungen deutlich unter ihrem Potenzial bleiben
  • Corvi, Kessler, Knak und Nussbaumer alle gegen 15 Tore erzielen, was ihrem Potenzial entspricht
  • die Ausländer die Tormarke des Vorjahres erneut erreichen
  • Aeschlimann und Hollenstein Leistungen zeigen, die ihnen einen Platz im Olympia- und/oder Heim-WM-Notizbuch von Fischer sichern
  • Gredig, Frehner, Parrée, Barandun und Gross die interne Schweizer Hierarchie spürbar aufrütteln
  • Simon Müller, Beni Waidacher und Guus Van der Kaaij (falls er bleibt) so stark spielen, dass Holden ihnen viel Vertrauen schenken muss

Schlechtester Fall: Rang 7

Das kann eintreten, wenn:

  • die Konkurrenten aus Bern, Zürich, Zug, Lausanne, Servette, Fribourg und Lugano eine problemlose Saison spielen oder ein Überraschungsteam durchstartet
  • nur ein Teil des Teams – ob im Tor, in der Verteidigung, bei den Imports oder bei den Schweizer Schlüsselspielern – unter den Erwartungen bleibt; der Strichkampf war zuletzt immer sehr eng
  • die Schweizer Stürmer erneut zusammen weniger als 50 Tore erzielen und sich die Konkurrenz zusehends auf die treffsicheren Ausländer einstellt
HC Davos

Credits: Philipp Hegglin

HC Fribourg-Gottéron – Analyse & Prognose

Einstufung & Herausforderungen

Wo liegt die Mitte? Die letztjährige Ausgabe zeigte, gemessen am Potenzial, bis Weihnachten schwache Leistungen, danach hingegen sehr starke. Viel war wohl den Personalwechseln auf dem GM- und dem Headcoach-Posten geschuldet. Der Start war geprägt von vielen Irritationen. Einerseits wurde intern deutlich mehr über die Saison 25/26 mit dem Startrainer Rönnberg gesprochen als über die damalige Konstellation, anderseits verhielt sich Rönnberg bereits sehr proaktiv, indem er sich bezüglich Fribourg trotz seiner Anstellung in Göteborg auffallend oft und wenig professionell öffentlich äusserte.

Die Wende kam mit Lars Leuenberger, dem es gelang, das Potenzial des Teams abzurufen und zu einer unvergleichbar starken zweiten Saisonhälfte zu führen. Damit hat Leuenberger, der sich nun ins zweite Glied als Assistent zurückzieht, dem Startrainer Rönnberg eine hohe Messlatte gesetzt. Gleichzeitig wurde intensiv am Kader gearbeitet: Andrea Glauser übernimmt mit einem Rentenvertrag langfristig die Diaz-Rolle, Nemeth und Kapla ersetzen Gunderson und Borgmann, mit Borgström wurde ein möglicher Spektakelmacher geholt, und mit Attilio Biasca sowie Ludvig Johnson konnten dem Konkurrent Zug zwei hoffnungsvolle Zukunftsspieler abgeworben werden.

Das Potenzial ist gross und alles klingt vielversprechend – eine Garantie ist es dennoch nicht.

Realistischer Fall: Rang 4 bis 6

Das kann der Fall sein, wenn:

  • der Start in die Saison wesentlich besser gelingt
  • Rönnberg Ton und Stil findet, die zu Fribourg passen
  • ein guter Start Irritationen mit dem im Vorjahr sehr erfolgreichen Headcoach im zweiten Glied verhindert und der neue extrovertierte, selbstsichere, teils zu Egozentrik neigende Rönnberg den grossen Vorschusslorbeeren gerecht wird
  • im Umfeld trotz emotionaler Vorfreude und Titelhunger mit Bescheidenheit Tag für Tag gearbeitet wird
  • das Potenzial zumindest mehrheitlich ausgeschöpft wird
  • Berra gesund bleibt, mindestens 40 Spiele bestreitet und sich nicht beirren lässt, obwohl mit Ludovic Waber sein Nachfolger als klare Nummer 1 bereits verpflichtet ist

Bester Fall: Rang 3

Das kann eintreten, wenn:

  • Berra sein letztes Hurra noch nicht hinter sich hat und mit starken Leistungen Argumente für eine Fortsetzung liefert
  • Galley und/oder Neuenschwander Berra problemlos in 12–15 Spielen vertreten können
  • die stark besetzte Verteidigung (2 Ausländer, Glauser, Rathgeb, Streule, Johnson, Jecker, Seiler und Youngster Guignard) auch auf dem Eis überzeugt
  • Wallmark und Sörensen dominant auftreten, Borgström einschlägt und de la Rose mit seinen Zweiwegqualitäten als Vorbild wirkt
  • Captain Julien Sprunger noch einmal ein starkes Jahr liefert
  • Bertschy, Schmid und Walser Stabilität geben und die jüngeren Schweizer mitreissen

Schlechtester Fall: Rang 7

Das ist möglich, wenn:

  • die Konkurrenz in der Top 6 ihr Potenzial abruft und zusätzlich ein Überraschungsteam durchstartet
  • atmosphärische Störungen zwischen Team und Staff auftreten
  • Rönnberg die Liga unterschätzt oder sich selbst überschätzt
  • die starke zweite Saisonhälfte des Vorjahres ständig als Vergleich herangezogen wird
  • Kapla und Nemeth Gunderson nicht vergessen machen können
  • Berra und Sprunger ihre grossen Rollen nicht mehr erfüllen können
  • Berra überbeansprucht wird, weil Galley und Neuenschwander noch nicht bereit sind
  • die Spieler der zweiten Garde (Seiler, Jecker, Guignard, Johnson, Dorthe, Etter, Gerber, Hedlund, Marchon, Rod, Nicolet, Biasca) zu wenig reüssieren und die Last fast ausschliesslich auf den Schultern der Imports sowie Schlüsselspieler wie Rathgeb, Glauser, Schmid, Walser und Bertschy liegt
HC Fribourg-Gottéron

Credits: Adrien Perritaz