Das Beispiel eines Blockbuster Trades

Trades sind in der NHL so üblich wie das Amen in der Kirche, jetzt gibt es aber einen der ganz speziellen Sorte, nämlich ein waschechter Blockbuster Trade. Welcher es ist, erklärt Thomas Roost in seinem neuesten Blog. 

Bei einem Blockbuster Trade werden hochkarätige «Assets» getauscht und/oder viele Assets. So geschehen vor Kurzem zwischen den Calgary Flames und den Vancouver Canucks: Elias Lindholm findet sich neu im Canucks-Roster wieder und Andrei Kuzmenko spielt neu für die Flames. Die Flames erhalten zusätzlich das 1. Rundendraftrecht 2024 der Canucks, ein Midround-Draftrecht 2024 plus die jungen Verteidigertalente Hunter Brzustewicz und Joni Jurmo. Wer als Gewinner aus Trades hervorgeht, kann immer erst in frühestens 1-2 Jahren beurteilt werden. Die Experten, Medien und Fans überbieten sich aber mit Stellungnahmen, Meinungen und Vorhersagen. Ich will da nicht hintenanstehen und präsentiere meine Analyse und Einschätzung:

Die Canucks haben mit Elias Lindholm einen der größten Namen und den wohl besten verfügbaren Center an Land gezogen und versuchen, sich nicht nur mit der Playoff-Qualifikation zufrieden zu geben, sondern wollen ernsthaft um den Stanley Cup mitspielen können. Vancouver führt überraschend die Western Conference an. Die Playoff-Qualifikation für die Flames ist hingegen sehr fraglich und dieser Trade deutet eher auf eine sanfte «Rebuild-Strategie» hin. Die Canucks haben zwar einen großen Fisch an Land gezogen, aber sie haben auch einen hohen Preis dafür bezahlt, indem sie drei Spieler und zwei Draft Picks nach Calgary geschickt haben, um Lindholm zu bekommen. Die Canucks haben das getan, was gute Teams tun: Sie haben sich voll und ganz auf den Stanley Cup konzentriert. Sie tauschten fünf gute «Assets», darunter einen Erstrundenpick, gegen einen Spieler der vielleicht nur temporär das Canucks-Jersey trägt, denn Lindholm wird im Sommer «unrestricted free agent», d.h. er kann sich im Sommer sein nächstes Team aussuchen. Das ist zwar ein gewisses Risiko, aber wenn das Team am Ende den Stanley Cup gewinnt, dann wird diesen Trade niemand mehr kritisieren. Lindholm ist ein begnadeter Zweiweg-Center und ohne Zweifel der beste Spieler in diesem Trade. Ein ungeschriebenes Gesetz unter GMs lautet, dass immer dasjenige Team den Trade gewinnt, das den besten Spieler bekommt. Falls dies stimmt, sind die Vancouver Canucks der Sieger dieses Trades. Für mich sind sie Sieger in diesem Trade, falls es ihnen gelingt, Lindholm spätestens im Sommer für weitere Jahre unter Vertrag zu nehmen. Falls nicht, haben sie einen zu hohen Preis bezahlt, denn Kuzmenko ist zwar nüchtern betrachtet nicht auf dem Niveau von Lindholm, aber ebenfalls ein guter Spieler und immerhin noch bis zum Ende der nächsten Saison unter Vertrag. 

Zudem glaube ich, dass Kuzmenko in dieser Saison bisher unter Wert gespielt hat und mit einem Salär von «nur» 5.5 Mio ist er auch ein valables Trade-Asset falls er in Calgary nicht zur Blüte kommen sollte. Auch die weiteren «Assets», die die Canucks an die Flames abgetreten haben, sind für mich zu guten Teilen wertvoll, aber nicht hochkarätig. Der Erstundenpick wird ein später sein und späte Erstrundendraftrechte sind deutlich weniger wertvoll als ein Top10 Pick. Hunter Brzustewicz ist ein vielversprechendes Offensivverteidigertalent, aber er gehört nicht zu den super top gehandelten Nachwuchsspielern; auch hier, ein gutes aber kein hochkarätiges «Asset». Bei Joni Jurmo würde es mich überraschen, wenn er je ein valabler NHL-Spieler werden würde. Ueberspitzt gesagt haben die Canucks für Klasse getradet und die Flames für Masse. So gesehen sind die Canucks aus meiner Sicht die Sieger in diesem Trade. Aber der Trade birgt für die Canucks sehr viel mehr Risiken als für die Flames, denn – wie bereits erwähnt – falls Lindholm im Sommer abspringt und die Canucks in den Playoffs nicht mindestens bis ins Halbfinale stürmen, dann hat sich der Trade für die Canucks nicht gelohnt. Zudem…was ist, wenn sich Lindholm schwer verletzt? Dann stehen die Canucks mit leeren Händen da. Die Canucks gingen mit dem Trade «all in» und die Flames haben defensiv getradet und hoffen, dass sich eines der «nur» guten Assets zum hochkarätigen Asset entwickelt und falls dies der Fall sein wird, dann sind sie die Gewinner in diesem Trade. In diesem Sinne ist der Trade eine «Win-Win-Situation», denn er entspricht den Anforderungen der beiden unterschiedlichen Strategien («All-In» mit der Chance auf den Stanley Cup einerseits und sanfter «Rebuild» mit guten «Assets» andererseits). Ich persönlich favorisiere leicht die Canucks, denn ich meine, der Mut zum Risiko sollte belohnt werden und noch einmal: Der beste Spieler im Trade ist Lindholm.