
Die U20-WM wird wie immer hochkarätigsten Sport bieten. Die Topteams stellen Spieler mit bereits entwickelter Athletik und einem hohen Skill-Level. Taktisch sind die Teams noch nicht alle sehr gefestigt und tendieren zu wildem Offensiv-Freigeist. Alle diese Ingredienzen führen in aller Regel zu Spektakel pur. Spektakel auf höchstem Niveau.
Die Favoriten sind mehr oder weniger immer dieselben: Kanada, USA, Schweden in diesem Jahr, dann mit leichtem Abstand Finnland und Tschechien. Die USA gewann zweimal hintereinander Gold, Kanada will Revanche und Schweden ist eine Art Geheimfavorit. Die USA ist auf dem Papier nicht mehr ganz so gut besetzt wie in den letzten zwei Jahren, bei Kanada wartet man gespannt auf die Leistungen des zuletzt schwächelnden Top-Talents, Gavin McKenna und Schweden erwarte ich mit starken Defensivleistungen.
Die Schweiz und Deutschland profitieren seit Jahren einerseits von der Aufstockung der Top-Division und andererseits von der Absenz Russlands und Belarus. Diese Konstellation führt dazu, dass sich die Schweiz bei nur einem Absteiger auch in diesem Jahr lediglich gegen eine Nation aus dem Quartett Slowakei, Dänemark, Deutschland und Lettland behaupten muss, um das Schlimmste, den Abstieg, zu vermeiden. Dänemark schätze ich von diesem Quartett am schwächsten ein und ist «Favorit» auf den Abstieg.
Deutschland ist auf dem Papier schwächer als sonst besetzt, die Schweiz geht als Favorit ins Gruppenspiel gegen Deutschland. Die Deutschen vermissen schmerzlich das Pendant zu unserem Jonah Neuenschwander, den ebenfalls erst 2009 geborenen Mannheimer, Max Penkin. Er ist genau so wie Neuenschwander ein ausserordentliches Talent.

Credits: IIHF
Die Schweiz geht als Aussenseiter in die Spiele gegen die USA und Schweden. Die Slowakei erwarte ich auf Augenhöhe und gegen Deutschland favorisiere ich unser Team leicht. In den KO-Spielen waren wir in den letzten Jahren nicht eben erfolgreich, aber in nur einem einzigen Spiel kann immer auch mal eine Ueberraschung eintreten und auf eine solche Ueberraschung dürfen wir hoffen. Im Normalfall ist aber leider im Viertelfinale Endstation für unsere Jungs.
Unser Goalietrio gilt auf dem Papier im Vergleich mit den anderen Aussenseiternationen als hochkarätig. Neuenschwander oder Kirsch werden die Nr.1-Position unter sich ausmachen und falls beide schwächeln sollten, steht mit Phileas Lachat eine Nr.3 in Warteposition, die in vielen anderen Jahren die Nr.1 gewesen wäre.
Bei den Verteidigern bin ich gespannt auf den zuletzt verletzten Leon Muggli. Eine grosse Rolle wird vermutlich Ludvig Johnsson spielen, während Basile Sansonnens vor allem den defensiven Part interpretieren muss. Gespannt bin ich auf die Leistung von Daniil Ustinkov, er ist grundsätzlich hoch talentiert, hat aber in den letzten Jahren eine zu flache Lernkurve gezeigt und muss smarter werden. Der Zweiwegdefender Gian Meier gefällt mir persönlich sehr gut und ich erwarte eine solide WM von ihm.
Bei den Stürmern fehlt es im Vergleich zu den Topnationen an sogenannter «Firepower». Es fehlen «high end» offensive Stürmertalente. Von Lars Steiner erwarte ich einiges, er wird auch betreffend den nächsten NHL-Draft ziemlich hoch gehandelt (2. Rundenpick?). Jamiro Reber wird ebenfalls eine Hauptrolle bei den Forwards spielen und der bereits erwähnte Jonah Neuenschwander ist das spannendste Stürmertalent in der Schweiz seit langer Zeit.
Trotz seiner Gardemasse (193 cm und 85 kg) ist er mit 16 Jahren vermutlich aber noch zu jung, um bei einer U20-WM bereits ein Unterschiedsspieler sein zu können. Auf Joel Grossniklaus, Paul Mottard, Robin Antenen und Mike Aeschlimann wartet eine schöne Profikarriere, sie können aber im internationalen Top-Vergleich nicht ganz mithalten.
Eine NHL-Karriere traue ich aus heutiger Sicht Jonah Neuenschwander und vielleicht Lars Steiner zu. Bei allen anderen genannten Forwards wäre die NHL eine positive Ueberraschung, was aber nicht heisst, dass es unmöglich sein wird. In der Schweiz gibt es immer wieder Spieler, die vergleichsweise spät grosse Entwicklungsschritte machen, d.h. sogenannte «Late Bloomer» sind im Schweizer Eishockey nicht selten.
Zusammenfassend dürfen wir nicht allzu viel von unserer diesjährigen U20-Mannschaft erwarten. Die Viertelfinalqualifikation ist ein Muss, alles darüber hinaus wäre eine sehr positive Ueberraschung.