Text von Thomas Roost, Header-Fotos: zvg/nhl
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Die NHL-Playoffs starten mit fünf Teams aus Kanada. Dies freut das Mutterland des Eishockeys. Es nährt die Hoffnung, dass nach einer 30-jährigen Durststrecke der Stanley Cup wieder einmal von einer kanadischen Franchise gewonnen wird. Mit dabei sind auch die Montreal Canadiens, die wohl berühmteste und bekannteste Franchise im Welteishockey. Nach einigem Leiden in den letzten Jahren haben die «Habs» eher wider Erwarten die Playoff-Quali bereits in dieser Saison geschafft. Ich hatte sie «erst» für die nächste Saison auf der Rechnung.
Den Head Coach, Martin St. Louis, verfolge ich etwas enger als andere Coaches, weil er mir in fast allen Interviews und Analysen immer sehr gut gefällt. Er ist bekannt dafür, dass er das Beste vor allem aus seinen jüngeren Spielern herausholen kann, die langfristige Entwicklung von Spielern sehr positiv beeinflusst und ihnen Vertrauen schenkt. Er ist ein so genannter «lange Leine Coach», der den Spielern viel Freiheiten lässt und ihnen auch erlaubt, Fehler zu machen, weil er überzeugt ist, dass sie vor allem aus gemachten Fehlern lernen. Auch die Teamchemie und die Arbeitsmoral sind wichtig für ihn und er mag vor allem Spieler mit einem hohen kompetitiven Level. Ich bin Fan von Martin St. Louis und glaube, dass er wesentlich zur eher unerwarteten Playoffquali beigetragen hat.
Foto: Martin St. Louis
Fotocredits: zvg/nhl
Ich bin seit Jahren grosser Fan von Lane Hutson, er hat mich bei internationalen Juniorenturnieren immer wieder begeistert. Ich habe mich aber im Verlaufe der Jahre von anderen, kritischen Scouts in meiner Meinung etwas beeinflussen lassen. Die geringe Körpergrösse wurde bemängelt, die defensiven Unzulänglichkeiten und Teile seines Skatings. Umso mehr freut mich jetzt, dass Lane Hutson alle seine Kritiker Lügen gestraft hat. Die beiden Top-Favoriten auf die Trophy des besten «Rookies» (Celebrini und Michkov) hat er auf sehr hohem Niveau überflügelt und gilt jetzt als Favorit auf die Calder Memorial Trophy. Lane Hutson ist bereits jetzt ein «Unterschiedspieler» bei den Habs, er wird den weltweiten Hockeyfans noch während sehr vielen Jahren unglaublich viel Freude bereiten.
Die erste Linie mit Nick Suzuki, Cole Caufield und Juraj Slavkovsky etablierte sich als eine der ligabesten 1st-Lines. Zudem produzierten Brendan Gallagher und Jake Evans mehr als erwartet und vor allem der bei vielen Fans seit seiner Ankunft in Montreal als chronisches Aergernis kritisierte und verhöhnte Christian Dvorak spürte seinen zweiten Frühling. Zudem haben auch die 20 Tore in 52 Spielen des während der Saison via Trade verpflichteten, verletzungsanfälligen Finnen, Patrik Laine, geholfen. Laine scheint top motiviert zu sein, in Montreal sein bestes Hockey zeigen zu können. Alle diese Faktoren konnten nicht unbedingt erwartet werden.
Foto: Ivan Demidov
Fotocredits: zvg/nhl
Die Zukunft der Montreal Canadiens sehe ich sehr positiv. Bereits mit dem vorhandenen, noch nicht perfekten Teamroster hat es Coach Martin St. Louis geschafft, die «Habs» in die Playoffs zu führen. Cole Hutson hat bereits in dieser Saison gezeigt, dass er zur Crème de la Crème bei den jungen Offensivverteidigern gehört. Das erst vor wenigen Tagen von St. Petersburg in Montreal gelandete russische 19-jährige Supertalent Ivan Demidov wird die Offensive weiter befeuern. Demidov hat das Potenzial zum NHL-Star und Publikumsliebling. Im Tor wartet der explosive und wohl beste noch nicht in der NHL spielende junge US-Goalie Jacob Fowler. Ich denke, dass er maximal eine volle Saison in der AHL benötigt, um dann die Nr.1-Position in Montreal attackieren zu können. Lane Hutson, Ivan Demidov und Jacob Fowler. Auf dieses Dreigestirn dürfen sich die weltweit zahlreichen Montreal Canadiens sehr freuen. Im erweiterten Kreis der zukünftigen Montreal Canadiens befindet sich auch der Oesterreicher David Reinbacher. Seine Zeit in Montreal war bis jetzt eher unglücklich, aber nach wir vor sehe ich bei ihm das Potenzial zum Nr. 4-6 Defender. Ich hoffe, dass er in den nächsten 2-3 Jahren verletzungsfrei bleiben kann.
Noch sind die Montreal Canadiens der Zukunft nicht fertig gebaut. Nach wie vor fehlt ein hochkarätiger Zweitliniencenter. Demidov kann auch Center spielen, aber vermutlich ist er effektiver als Flügel. Ich denke, dass GM Kent Hughes diesbezüglich Ueberlegungen anstellt. Mit den Montreal Canadiens ist in den nächsten Jahren zu rechnen und dies ist gut für die NHL und gut für das Welteishockey.
![]() | Thomas Roost ist seit 1996 NHL-Scout für den Central Scouting Service und verfolgt die beste Liga der Welt hautnah. |