Das sind die Trends im NHL-Hockey

Text von Thomas Roost, Header-Fotos: zvg/nhl

-

Die nachfolgend aufgezeigten Trends und Entwicklungswahrscheinlichkeiten werden sich auch im IIHF-Hockey durchsetzen. Die Geschichte zeigt, dass sich das internationale Eishockey grossmehrheitlich früher oder später dem NHL-Hockey angleicht.

In den letzten Jahren konnten folgende Trends festgestellt werden:

Mehr Offensive und mehr Speed

•    Mehr Tore: Die NHL wollte und will, dass mehr Tore erzielt werden und tatsächlich: Die NHL verzeichnete in der Saison 23/24 mit 3,14 Toren pro Team und Spiel den höchsten Wert seit Mitte der 1990er Jahre. Dies ist auf Regeländerungen (z. B. strengere Durchsetzung von Slashings), Spielsysteme mit mehr Speed und Mut zur Offensive zurückzuführen, sowie auch dem extrem hohen Skill-Level junger, kreativer Talente geschuldet.

•    Geschwindigkeit vor Physis: Die Teams legen Wert auf Schnelligkeit und Technik, stellen ihre Kader mit drei Scoring-Reihen auf und erwarten offensive Beiträge von allen vier Reihen.

•    Jungstars: Junge Spieler (unter 24 Jahren) dominieren, wobei Spieler wie Macklin Celebrini, Lane Hutson und Matvei Michkov neben etablierten Namen auftauchen. 

Weniger «Fights» und weniger physische Attacken

  • Die Anzahl «Fights» ist deutlich zurückgegangen, da die Teams Skills und Speed gegenüber «Enforcern» bevorzugen.

•    Weniger Strafen: Die Powerplay-Chancen sind deutlich zurückgegangen. Im Vergleich zum Vorjahr gab es in der Saison 24/25 ligaweit 747 Powerplays weniger. Einige Teams hatten über 50 Powerplay-Chancen weniger, was möglicherweise auf ein faireres Spiel oder angepasste Schiedsrichter-standards zurückzuführen ist. Dies hat ganz zuletzt auch zu einem leichten Rückgang der Tore pro Spiel und pro Team von 3.14 auf 3.0 geführt.

Analytik und Technologie

•    Fast jedes NHL-Team besetzt Analytikabteilungen mit mehreren Vollzeitstellen von hoch qualifiziertem Personal. Diese beeinflussen Entscheidungen in den Teppichetagen und bei den Coaches. Sie beeinflussen die Gameplans, die Aus- und Weiterbildung von Skatern und vor allem von Goalies und werden dies künftig noch mehr tun als heute schon. 

Erhöhte Intensität in den Playoffs und angepasste Strategien

•    Grinding-Gameplay: In den Playoffs steht das physische Spiel, die Intensität und das Zermürben des Gegners im Vordergrund, wobei die Spieler die Grenzen des erlaubten Spiels ausreizen.

•    Power-Kill-Strategie: Teams neigen zunehmend zu aggressiven Box-Play-Taktiken die als „Power Kill“ bekannt sind. Ziel dieses aufwändigen Spielstils ist es, aggressiv zu stören und selbst Chancen in Unterzahl zu schaffen.

Geschäft und Fanbindung

•    Boomendes Geschäft: Das NHL-Business hat sich nach der Pandemie stark erholt. Die NHL «boomt», noch nie war die NHL wirtschaftlich derart stark und gesund.

•    Innovationen bei den Medien:
Streaming-Optionen und regionaler Zugang wie auch Podcasts und TV-Shows verbessern die Zugänglichkeit und die Fanbindung.

•    Steigende Spielersaläre:

Durch die laufende Erhöhung des Salary-Caps (dank des boomenden Geschäfts) steigen auch die Spielersaläre und es gibt Bestrebungen zur weiteren Expansion, was zusätzliche Arbeitsplätze im NHL-Business bedeuten wird.

Weiterentwicklung der Regeln und Sicherheit

Bei der Weiterentwicklung der Regeln, der Aufklärung und der Ausrüstung richtet sich der Fokus auf die Sicherheit der Spieler.

Goaltending 

Goaltending hat sich in den letzten 10 Jahren radikal in Richtung Körpergrösse und Butterfly-Stil entwickelt. Gross gewachsene, athletisch starke und mobile Goalies haben sich im NHL-Draft durchgesetzt. Die jungen europäischen Goalies aus Russland, Schweden, Finnland sind tendenziell höher im Ranking als Nordamerikaner.

Timo Meier

Foto: Timo Meier
Fotocredits: zvg/nhl

Fazit

Die NHL tendiert deutlich zu einem schnelleren, technisch versierteren und analytischeren Eishockey mit Fokus auf Jugend, Offensive und strategischem Playoff-Spiel. Während in der Regular Season das physische Spiel, die Härte und die Strafminuten zurückgehen, gewinnt es in den Playoffs an Bedeutung. Das Geschäft der Liga floriert, und die Technologie verbessert sowohl das Spiel als auch das Fanerlebnis. 

Ausblick – eine persönliche Einschätzung

In der Tendenz meine ich zu spüren, dass nach der Phase des erhöhten Speeds (Skating- und Kopfspeed) die Tendenz bei den Skatern wieder etwas mehr in Richtung physische Präsenz, Battle-Level und Intensität gehen wird. Auch die Körpergrösse wird bei den Skatern wieder etwas an Bedeutung gewinnen, bei den Defendern etwas mehr als bei den Forwards. Mittlerweile gibt es kaum noch NHL-Spieler, die nicht gut skaten können, so dass der bessere «Battle-Level», die höhere Spielintensität, vor allem in engen Spielen ein noch wichtigerer Faktor sein wird als bis jetzt schon. Es ist illusorisch, dass der Intensitätslevel in Playoffserien während einer zermürbenden Regular Season mit über 80 Spielen durchgezogen werden kann. Um sich während einer langen Regular Season für die Playoffs zu qualifizieren, zählen vor allem Speed und Skills. Tendenziell glaube ich aber, dass Athleten künftig dahingehend ausgebildet und vorbereitet werden, dass sie den hohen Intensitätslevel, den Play-Off-Battle-Level, auch weitgehend in der Regular Season präsentieren können. Bei den Goalies stelle ich eine jüngste Tendenz in Richtung Hybrid-Stil fest. Antizipation, das Spiel lesen können, extrem präzises Positionsspiel und mentale Stärke werden an Bedeutung weiter gewinnen, währenddem der Stellenwert der reinen Körpergrösse etwas relativiert werden wird. Ebenfalls an Bedeutung gewinnen werden solide Goalieduos.  Vermutlich wird künftig mehr Geld in der Payroll für zwei solide Goalies ausgegeben als für einen hochbezahlten Stargoalie in Kombination mit einer klaren Nr. 2. Die Saläre von so genannten Stargoalies kommen unter Druck, die Saläre von soliden, guten Goalies werden tendenziell steigen. Insgesamt floriert die NHL und darum ist generell von weiteren Salary-Cap-Erhöhungen auszugehen, was den bezahlten Spielersalären grundsätzlich förderlich sein wird. 

 

Thomas Roost ist seit 1996 NHL-Scout für den Central Scouting Service und verfolgt die beste Liga der Welt hautnah.
Für MySports ist Roost als NHL-Experte & Co-Kommentator im Einsatz.
In seiner wöchentlichen Kolumne «Roosts Ramblings» schreibt er über Themen aus der NHL und der grossen Hockey-Welt.

https://www.thomasroost.com I X: @thomasroost