Das ist der wahre Timo Meier

Nach einem schwierigen Saisonstart startet Timo Meier in den letzten Wochen bei den New Jersey Devils durch und zeigt seine Skorerqualitäten Abend für Abend. NHL-Experte Thomas Roost geht dem Wandel auf die Spur. 

Vor ca. 2 Monaten habe ich in meinem Blog Pius Suter kritisiert, weil er bei den Canucks einerseits solide Defensivleistungen zeigte, andererseits die heutigen Ansprüche betreffend Punkteproduktion auch für die 3.- und 4.-Linienspieler höher sind als Pius Suter sie ablieferte. Kaum wurde diese Kolumne publiziert, startete Pius Suter durch und gilt heute als eines im Preis-/Leistungsverhältnis meist beachteten Schnäppchen. Vor ca. 1 Monat kritisierte ich Timo Meier, der bei den Devils die schönen Salärzahlen in seinem Vertrag seit Saisonbeginn nicht rechtfertigte. Was geschah danach? Richtig: Kaum war die Kolumne publiziert startete Timo Meier zu scoren. Im Monat März gehört er bis jetzt zu den allerbesten Torschützen in der gesamten NHL. Nach einem schwierigen Saisonstart ist Timo Meier im März 2024 zu einer bemerkenswerten Aufholjagd gestartet. Mit beeindruckenden Leistungen und dominanten Auftritten auf dem Eis hat Meier nicht nur seine Form wiedergefunden, sondern auch die Hoffnung auf eine glänzende Zukunft für die Devils neu entfacht.

Wir schauen zurück:

Seit er im NHL-Draft 2015 von den San Jose Sharks gedraftet wurde, hat Timo Meier sein immenses Können und Potenzial unter Beweis gestellt. Die letzten beiden Saisons bei den Sharks stempelten ihn zu einem der Star-Powerforwards in der NHL, was auch seinen Tradewert enorm erhöhte wie auch die Ausgangslage für ihn selbst, hinsichtlich Verhandlungen über einen langfristig hochdotierten Vertrag. Die Devils liessen sich nicht lumpen, haben für Timo Meier «getradet» und ihn mit einem stolzen Vertrag ausgestattet, der ihm bis und mit Saison 30/31 jährlich fast $ 9 Mio einbringen wird. Der Start bei den Devils war aber harzig. Er konnte sein Rendement von den Sharks nicht bei den Devils einbringen und so gestalteten sich auch die ersten 2/3 in dieser laufenden Saison. Es ist naheliegend, dass von Timo Meier Leistungen erwartet werden, die mindestens mehr oder weniger mit seinem neuen, stolzen Vertrag korrespondieren und dies war bis anfangs März nicht der Fall; die Kritiker begannen zu murren. Es wurde nach Gründen gesucht: «Wird Timo Meier überschätzt?» «Passt seine Spielweise nicht zum System der Devils?» «Werden Timo Meiers Leistungen von latenten Verletzungen behindert?». 

 

Seit meiner erwähnten Kolumne scheint es aber bei Timo Meier Klick gemacht zu haben, wobei die Kausalität zu meiner Kolumne selbstverständlich nur mit einem Augenzwinkern quittiert werden soll; immerhin witzig ist, dass bei Pius Suter die Leistungen ebenfalls nach meinem kritischen Kommentar krass ins Positive kehrten 😉.  Die Gründe für die Leistungssteigerung bei Timo Meier sind vermutlich unspektakulär und kaum erklärbar. Ok, es gab einen Coachingwechsel, dies mag eine Rolle spielen. Es gibt selbstverständlich auch andere Thesen: Ist es ein neuer Fokus, eine gesteigerte Entschlossenheit oder einfach nur das Glück? Wichtig zu wissen: Auch die besten Offensivkräfte leiden hin und wieder unter so genannten «Slumps» - Phasen, in denen kaum ein Puck den Weg ins Tor findet. Selbst Connor McDavid hatte in dieser Saison eine Phase von 12 Spielen hintereinander ohne Torerfolg. Der «Slump» von Timo Meier war ganz einfach ungewöhnlich lang, so dass die kritischen Fragen durchaus seine Berechtigung hatten. Seine aktuellen Leistungen spiegeln jetzt aber das wider, was er früher versprochen hatte. Sein Einfluss auf dem Eis ist spürbar gewachsen und zog die Aufmerksamkeit von Fans und Analysten gleichermaßen auf sich. 

Meiers verbessertes Spiel schlug sich auch in beeindruckenden Statistiken nieder. Im März 2024 erzielte Timo Meier bis jetzt 12 Tore, so viele wie kein anderer Spieler in der NHL. Zudem markierte er im Duell mit den New York Islanders mit einem so genannten «Gordie Howe Hattrick» Präsenz, in dem er einen schmutzigen Knie auf Knie-Hit des Islanders Captains Anders Lee an Nico Hischier mit einem Fight quittierte; zusätzlich skorte er ein Goal und einen Assist, darum «Gordie Howe Hattrick»: Ein Tor, ein Assist, ein Fight. Darüber hinaus schossen Meiers Assists und seine Gesamtskorerpunkte in die Höhe und festigten seine Rolle als eine der führenden Offensivkräfte der Devils. Meiers Wiederaufstieg hat einen tiefgreifenden Einfluss auf die Devils als Ganzes. Seine offensiven Beiträge haben dem Team neues Leben eingehaucht und für die dringend benötigte Tiefe und Ausgeglichenheit im Goalscoring gesorgt. Unter Meiers Führung feierten die Devils eine Reihe von Siegen und sie können sich wieder ganz kleine Hoffnungen auf eine Playoffqualifikation machen.

Thomas Roost ist seit 1996 NHL-Scout für den Central Scouting Service und verfolgt die beste Liga der Welt hautnah.
Für MySports ist Roost als NHL-Experte & Co-Kommentator im Einsatz.
In seiner wöchtenlichen Kolumne «Roosts Ramblings» schreibt er über Themen aus der NHL und der grossen Hockey-Welt.

https://www.thomasroost.com I Twitter: @thomasroost

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