Das Glas kann auch halb voll sein

Die Erhöhung der Anzahl Ausländer ist seit den ersten Rauchzeichen bis heute ein heiss diskutiertes Thema. Das Experiment ist gewagt und sein Ausgang ungewiss – ohne Zweifel. Es ist ein Leichtes nach unzähligen Artikeln, Blogs, Podcasts und Reportagen ins allgemeine Klagelied einzustimmen. Ich für mich halte es so:  «Es ist wie es ist, ich freue mich auf Spektakel und ich will nicht im Voraus alles verteufeln. Ich will nicht das halb leere Glas beklagen, sondern versuchen, das halb volle Glas zu sehen.» 

Sechs bei 14 Teams ist verträglich

Ich wage diese Aussage, weil wir ja zum Beispiel schon letztes Jahr Teams in der Liga hatten die auf Grund später NHL Abgänge von Schweizern eine zusätzlich Ausländer-Lizenz zugesprochen erhielten («Lex Suter»). Jetzt ist es kein Team mehr und die «Lex Suter» ist nicht mehr in Kraft. Der Ausgeglichenheit und dem Niveau dürfte das nicht abträglich sein.

Selten waren die individuelle Klasse und der Unterhaltungswert in der NL höher

Dem wahren Hockeyfan muss ob der vielen neuen Spieler das Wasser im Mund zusammenlaufen. Ähnliches gabs höchstens in den NHL-Lockout-Saisons. Wer schon damals Fan war, schwärmt noch heute davon! Die Erwartungen sind überall überdimensional hoch – damit auch die Fallhöhen für diese neuen Spieler und für diejenigen Clubs, die sich extensiv am Dessertbuffet des neuen Ausländermarktes bedient haben. Das wird Emotionen schüren und von dem lebt doch die Liga. 

Werden all diese Namen ihrem Ruf auch gerecht werden? Das wird fast sicher nicht der Fall sein – man erinnere sich an die Lockout-Saisons. Das kann auch als Qualitätsbeweis für die Liga hinhalten, denn man muss verdammt gut sein, um in dieser Liga wirklich auch aufzufallen.

Konkurrenz fordert und macht Schweizer besser — wenn sie sich ihr stellen!

Jedes Team wird drei bis vier sehr starke Blöcke stellen. Nur wer leistet wird eine Rolle mit viel Eiszeit und Verantwortung haben. Die zusätzlichen Imports beanspruchen solche Rollen. Wer als Schweizer unverzichtbar dazu gehören will, wird liefern müssen! Es gibt zwei Arten darauf zu regieren: klagen, den Kopf hängen lassen und sich damit der Chance berauben, besser zu werden oder eben noch mehr, härter und besser arbeiten und damit besser werden. Die NHL – die beste Liga – zieht dieses Prinzip der Konkurrenz gnadenlos durch. So werden gute Spieler zu Stars und Weltklassespielern. In unserer Liga wird es eben auch mehr brauchen als bisher – das kann nicht schaden.

Die Schweizer NHL-Spieler die jeweils an die WM kommen, bewirken jeweils sehr viel. Sie stehen in der besten Liga der Welt täglich im Training und Wettkampf in extremer Konkurrenz, haben davon profitiert und sind besser geworden. Die Spieler in der NL haben nun auch erhöhte Konkurrenz und das kann nicht schaden! Zufall oder nicht, dass die WM`s 2005 und 2013 nach den jeweiligen Lockout-Saisons mit sehr guten Resultaten an der WM endeten?

Junge habens nicht leichter, aber wers schafft ist extrem besser geworden

Wenn Junge sich sich mit Top-Leuten messen, mit ihnen trainieren, ihre Mentalität und ihre Arbeitsethik erleben und sich damit pushen, machen sie einen grossen Schritt. Klar wird’s härter – nur: wer gut genug ist, wird’s schaffen! Wer es noch nicht ist, muss eben noch härter arbeiten. Entscheidend ist also mal die Grundhaltung der Jungen, dann aber sicherlich auch der Mut des Coaches.

Wichtig ist auch die Geduld, sowie gute Möglichkeiten anderswo zu spielen, wenns nicht auf Anhieb klappt – sei es in der U20, wo neu auch drei U22 Spieler eingesetzt werden können, oder in der Swiss League. Diese Liga aber wankt bedenklich und zu ihr muss im Gesamtkontext des Schweizer Eishockeys entsprechend unbedingt Sorge getragen werden.

Die Bedeutung der Swiss League wird wieder bewusster

Wenns oben härter wird, dann muss der Unterbau der NL umso besser werden. Das muss also eine logische Konsequenz der aktuellen Ausländer Regel sein. Das scheint mir so klar wie nie – bleibt zu hoffen, dass die Einsicht entsprechend reift, dass die SL sehr wichtig ist und man alles dafür tun muss, dass sie Jungen als Steigbügelhalter in die NL dienen kann.

Die 2. Torhüter-Garde hinter Berra & Genoni wird kurzfristig nicht «leiden»...

Solange Genoni und Berra so gut spielen wie in den letzten Jahren, werden sie ihre Bastion noch zwei bis drei Jahre verteidigen können. Einige ihrer Herausforderer – die Nyffelers, Aeschlimann`s, und wie sie alle heissen – haben in ihren Vereinen die Chance zu zeigen, dass es ohne Ausländer im Tor sehr wohl auch gehen kann. Es liegt an ihnen, sich der neuen Konkurrenz zu stellen und daran zu wachsen. Ich glaube, dass sie alle diese Einstellung haben deshalb ist mittelfristig für Nachschub gesorgt.

Der generell zu erwartende Klasseschub in der NL wird dabei sicher nicht schädlich sein. Sehr gute Goalies werden aber so oder so gefragt sein, denn eine Lizenz für einen Goalie zu verwenden, bringt einem Club auch gewisse Nachteile mit sich. Gute Schweizer Goalies werden immer gefragt sein und auf dem Markt auch immer ihren Preis haben. Wachsen an der Konkurrenz dürfte sich also nicht nur sportlich lohnen – also: zeigt euch und zeigt, dass es nicht zwingend ein Ausländer sein muss.
Nehmt euch Hiller, Gerber, Aebischer als Beispiele: sie haben sich damals noch ganz anderen Konkurrenten ausgesetzt, sind daran gewachsen und zu Weltklassegoalies gereift. Also schauen wir mal, bevor wir klagen.

…aber für ganz junge Goalies muss eine Lösung her!

Wohl nur ein ganz junger Goalie — Philip Wüthrich – hat eine Riesenchance in der NL. Als wohl leider praktisch einziger. Das ist die Kehrseite. Denn in den 13 anderen Teams sind die Positionen mit bestandenen Leuten besetzt. Selbst der Fakt, dass man heute vermehrt auf zwei Goalies setzt, wird die Türe nicht weiter öffnen. Wo holen junge Goalies die notwendige Praxis auf dem richtigen Niveau? Auch da sind die Optionen in der ausgehöhlten Swiss League leider rar, sehr rar – nicht zuletzt auch deswegen, dass es auch in der SL Teams mit hohen Resultat-Ambitionen gibt. Wieso nicht eine Regel einführen, wonach pro SL-Team maximal ein Goalie älter als 23 bis 25 Jahre sein darf? 

Aus der theoretischen Debatte wird die Praxis klarer und klarer

Meine Erfahrung im Schweizer Eishockey sagt mir, dass letztendlich das, was sich auf dem Feld abspielt, rasch ins Zentrum der Debatten und Emotionen rücken wird. Ich freue mich, wenn die Diskussionen versachlicht werden, sich um das Drehen, was wir sehen und beobachten und nicht um das, was dann vielleicht sein könnte. Ich bin mir sicher dass wir rasch über Namen, Spektakel und Leistungen reden und weniger um Unsinn der Reglemente. Wir werden nach einer Saison weiser sein – dann – ja dann haben wir eine erste Grundlage für das Weiterführen der Debatte!

Also: man kann das Glas jetzt auch halbvoll sehen . Es ist wie es ist und jetzt schauen wir mal was es in der Praxis tatsächlich bewirkt. Ich freue mich – Sie auch?