Die stolzen Flyers am Boden

Die Flyers gewannen noch vor meiner Zeit als die legendären «Broad Street Bullies» zwei Stanley Cups 1974 und 1975. Ihr Markenzeichen war die brutal harte Spielweise. Später dann – bereits zu meiner Zeit – flammte nochmals Hoffnung für eine erfolgreiche Zeit bei den Flyers auf, als sie mit der so genannten «Legion of Doom» mit Eric Lindros, Mikael Renberg und John LeClair, über die Liga hinwegfegten. Immerhin reichte dies zu einer weiteren Finalteilnahme, nicht aber zum Gewinn des Stanley-Cups. Superstar Eric Lindros war zu verletzungsanfällig und kriegte sich später mit GM Bobby Clarke in die Haare. Anschliessend begann ein schleichender Zerfall der Flyers, der nur 2010 (überraschende Finalteilnahme nach einer durchschnittlichen Regular Season) unterbrochen wurde. Auch die Verpflichtung des damaligen New York Islanders-Captains Mark Streit änderte nicht viel an der inzwischen konstatierten Mittelmässigkeit. Immerhin qualifizierten sich die Flyers mit Mark Streit zweimal wenigstens für die Playoffs.

Keine jungen Hoffnungsträger

Die heutigen Philadelphia Flyers sind nur noch ein Schatten ihrer besten Tage. Sie sind weit davon entfernt, die Playoffs erreichen zu können und zieren aktuell beinahe das Tabellenende in der Eastern Conference. Die Fans der schwachen Teams können aber in aller Regel durch die Qualität bei den jungen Spielern bei Laune gehalten werden; dies trifft leider bei den Philadelphia Flyers, Ausgabe 21/22 nur sehr bedingt zu. Zudem muss die Durchschnittsqualität der älteren, erfahrenen Flyers Spieler im Ligavergleich als düster bezeichnet werden.

Schwachstelle Powerplay

Seit vielen Jahren ist das Powerplay der Philadelphia Flyers nur noch mittelmässig und seit den Abgängen von Voracek, Gostisbehere, Simmonds und Giroux kämpfen die Flyers sogar gegen das brutale Verdikt «schlechtestes Powerplay in der NHL», aktuell sind sie das schlechteste Powerplayteam mit einer bescheidenen Erfolgsquote von 12.81%. Die Verpflichtung von Keith Yandle sollte diese Problem entschärfen, aber Yandle bei den Flyers scheint ein einziges Missverständnis zu sein, denn er kann die hohen Erwartungen im Power Play nicht erfüllen, im Gegenteil, für zu viele der «Shorthanded Goals Against, zeichnet Yandle verantwortlich und auch in den 5vs5 Zeiten ist er oft ein Aergernis. Kürzlich meinte ein erfahrener NHL-Writer, dass Yandle aktuell einer der schlechtesten NHL-Verteidiger sei und ich teile diese Meinung, wenigstens ansatzweise.

Powerplay-Statistik, Stand 16.4.2022
Powerplay-Statistik, Stand 16.3.2022

Der einstige Hoffnungsträger Ivan Provorov befindet sich in einer Stagnationsphase, noch immer trifft er als «Pointman» seine Entscheidungen nicht schnell genug. Zusammenfassend liegt das Problem des Flyers Powerplays am Mangel an «High-End-Spielern». Vor allem vom Half Board aus mangelt es an Weltklasse-Schützen. Die Top-Powerplays in der NHL zeichnen sich dadurch aus, dass ihre Powerplay-Units mit High-End Spielern bestückt werden können und diese fehlen bei den Flyers. Die Flyers wissen immerhin, in welche Richtung sie sich in Zukunft zu verstärken versuchen müssen. Dies benötigt aber Zeit, viel Zeit.

Dass die Stärke im Powerplay ein wichtiger Indikator für allgemeinen Erfolg darstellt, überrascht nicht und wird durch die Tatsache untermauert, dass aktuell die 10 besten Powerplay-Teams allesamt auch Playoff-Plätze innehaben.

Keine Stars in Aussicht

Zurück zu den einst stolzen Philadelphia Flyers. Sie müssen über den Draft versuchen, wieder Spieler mit Superstar-Potenzial in die Organisation zu bringen. Eine erste Gelegenheit ergibt sich in diesem Sommer. Die Fans müssen sich in Geduld üben, viele trockene Jahre liegen vor ihnen. Es wäre aber falsch zu behaupten, dass es in der Flyers Organisation keine guten jungen Spieler gibt. Carter Hart, Ivan Provorov, Joel Farabee, Morgen Frost, Travis Konecny und der im Abtausch für Giroux verpflichtete Owen Tippett haben alle ihre Qualitäten, oder mindestens Potenzial; aber Star- oder gar Superstarpotenzial sehe ich aus heutiger Sicht bei keinem von ihnen und exakt dies ist das Problem der Flyers.

  


Thomas Roost

Thomas Roost ist seit 1996 NHL-Scout für den Central Scouting Service und verfolgt die beste Liga der Welt hautnah.  Für MySports ist Roost als NHL-Experte & Co-Kommentator im Einsatz. In seiner wöchtenlichen Kolumne «Roosts Ramblings» schreibt er über Themen aus der NHL und der grossen Hockey-Welt.

https://www.thomasroost.com I Twitter: @thomasroost