Das sind die Gewinner und Verlierer der NHL Trade-Deadline

Selten zuvor war das Geschehen vor der Trade-Deadline derart spektakulär. Die meisten dieser zahlreichen und namhaften Trades gingen aber mehrere Tage vor der eigentlichen Deadline über den Tisch, «Last-Minute-Trades» gab es nur auf der Bühne der Ergänzungsspieler. Jetzt kommt die Zeit der Analyse, wer gehört zu den Gewinnern und Verlierern und warum?

Gewinner:

Boston Bruins
Dem souveränen Leader sind zwei supergute Trades gelungen. Einerseits der hochklassige Offensivverteidiger Dmitry Orlov von den Washington Capitals und andererseits der «gritty» Energiespieler mit Kriegermentalität Tyler Bertuzzi von den Detroit Red Wings. Orlov hat bereits mehr als eine Duftmarke gesetzt: In den ersten 5 Spielen mit den Bruins produzierte er 9 Skorerpunkte und somit so viele wie es in den ersten 5 Spielen für eine neue Franchise erst zwei Verteidiger in der langen Geschichte der NHL geschafft haben. Der souveräne Leader Boston Bruins ist mit diesen zwei Trades noch mehr in die Favoritenrolle für den Stanley Cup gerückt.

Toronto Maple Leafs
Mit Ryan O’Reilly wurde ein hochklassiger Powerforward und mit Noel Acciari ein nicht zu unterschätzender Ergänzungsspieler mit «Schmirgelpapier» verpflichtet, zwei Elemente, die den Maple Leafs zur Abrundung ihres bereits hochklassigen Spielerkaders noch gefehlt haben. Leider hat sich O’Reilly verletzt und fällt jetzt ca. 4 Wochen aus; hinsichtlich Playoff dürfte er aber wieder fit sein. Hinzu kommen die Verpflichtungen der Verteidiger Luke Schenn und Jake McCabe; auch hier gab es im Roster verletzungsbedingt ein Loch und Jake McCabe hat in den ersten Spielen bereits gezeigt, dass er die erwartete Verstärkung sein wird.

New Jersey Devils
Timo Meier war einer der Topshots, die auf dem Markt verfügbar waren und die Devils haben es geschafft, ihn für viel Masse aber nur beschränkt Klasse als Gegenwert zu verpflichten. Die Devils werden dadurch für die Playoffs weiter gestärkt, vielleicht fehlt dem jungen Team aber noch etwas die Erfahrung, um bereits in diesem Jahr ganz um die Krone mitspielen zu können. Mittelfristig sind die Devils aber für einige Jahre im Kreise der «Contender» angekommen.

New York Rangers
Ob die spektakulären Zuzüge von Patrick Kane und Vladimir Tarasenko den Rangers auch den sportlichen Mehrwert bieten, den die grossen Namen auf dem Papier versprechen, wage ich etwas zu bezweifeln; die Defense der Rangers, der eigentliche Schwachpunkt, wurde durch die beiden offensiven Schmetterlinge Kane und Tarasenko nicht eben entlastet. Trotzdem zähle ich die Rangers klar zu den Tradedeadline-Siegern, denn am Broadway zählt nicht nur der sportliche Erfolg allein, das Spektakel, die Schlagzeilen, der Unterhaltungswert wird ebenso stark gewichtet und dieses Ziel haben die Rangers definitiv erreicht.

Ottawa Senators
Die in dieser Saison endlich verbesserten Senators orteten zu Recht eine ihrer Schwachstellen in der Defense und haben dies entsprechende Aufgabe mit der Verpflichtung von Jacob Chychrun erstklassig gelöst. Die Senators werden damit in Zukunft ernsthaft um die Playoffplätze mitreden können; in dieser Saison ist es noch zu früh.

Verlierer:

Detroit Red Wings
Die Detroit Red Wings haben hinter den Kulissen am grossen Trade-Rad gedreht, aber offensichtlich das Rad – der zugegebenerweise komplizierten Maschine die an Heureka von Jean Tinguely erinnerte - zu wenig geölt, denn die anspruchsvollen Pläne von Steve Yzerman sind allesamt baden gegangen. Immerhin kann Yzerman für sich in Anspruch nehmen, den Rebuild – den er anlässlich dieser Tradedeadline beschleunigen wollte – solide weiter fortsetzen zu können, denn für die Abgänge Hronek und Bertuzzi konnte er sein Draftpickarsenal weiter aufstocken. Die Red Wings haben aktuell für die nächsten drei Drafts 27 Picks zugute, davon 5 Erstrunden- und 5 Zweitrundendraftrechte. Damit lässt sich der Rebuild mittelfristig erfolgreich abrunden.

Vancouver Canucks
Die Franchise der Vancouver Canucks hat sich etwas widersprüchlich verhalten. Einerseits Ausverkauf und Rebuild (Bo Horvat für Zukunftsassets zu den Islanders) und andererseits die Verpflichtung des Verteidigers Hronek von den Detroit Red Wings für Zukunftsassets. Zudem gelang es dem smarten GM Patrick Allvin (noch) nicht, die mega teure «Altlast» J.T. Miller zu entsorgen, resp. zu traden und dies, obwohl die Gespräche mit den Pittsburgh Penguins über diesen Spieler trotz mega komplizierter Ausgangslage weit gediehen sind. Am Ende gab es aber kein Resultat, darum gehören auch die Vancouver Canucks zu den Verlierern dieser Trade-Deadline.

Pittsburgh Penguins
Von den GMs tendenziell am meisten kritisiert wird Ron Hextall, von den Pittsburgh Penguins. Die Verpflichtung von J.T. Miller ist gescheitert, alternative Hochkaräter konnte er keine verpflichten, so dass er jetzt – trotz grossem Bedarf – nur mit Nick Bonino und Mikael Granlund dasteht. Die Kritiker haben die Messer gewetzt, stürmische Zeiten dürften auf Ron Hextall zukommen und die Pittsburgh Penguins gehören mit dem aktuellen Spielerkader nicht zu den Stanley Cup Favoriten.

Generell dürfen sich die Teams im Osten als Gewinner sehen;  hinsichtlich der beiden Wild-Card-Playoffplätze erwarte ich ein Gemetzel und so wie es ausschaut, müssen wir uns leider bereits in der ersten Playoffrunde von mindestens zwei Hochkarätern verabschieden. Ich kritisiere an dieser Stelle das NHL-Playoff-Format und plädiere dazu, dass wie früher in den Playoffs 1-8, 2-7 etc. gespielt wird; dies ist sportlich fairer. Mit dem aktuellen Format werden in der ersten Runde mit grösster Wahrscheinlichkeit wieder die Toronto Maple Leafs auf Tampa treffen, dazu vermutlich die Rangers auf die Devils und dies bedeutet, dass zwei dieser spektakulären und hochkarätigen Teams bereits in der ersten Runde die Segel streichen müssen. So oder so: Im Osten wird es erbitterte Playoffschlachten geben und dies auf höchstem Niveau denn bis zu einem halben Dutzend Teams aus dem Osten haben die Kaderqualität, um den Stanley Cup anpeilen zu können.
 

  


Thomas Roost

Thomas Roost ist seit 1996 NHL-Scout für den Central Scouting Service und verfolgt die beste Liga der Welt hautnah.  Für MySports ist Roost als NHL-Experte & Co-Kommentator im Einsatz. In seiner wöchtenlichen Kolumne «Roosts Ramblings» schreibt er über Themen aus der NHL und der grossen Hockey-Welt.

https://www.thomasroost.com I Twitter: @thomasroost